Die Zukunft des Lebensmitteleinzelhandels

Franck Hadjez, Eigentümer von EP!C Paris und Galeries Gourmandes, und Bernhard Heiden, CSO & Creative Director, Schweitzer sprechen über die Entwicklung des Lebensmitteleinzelhandels und wie man diesen in Zukunft neu denken kann.

int-spag_epic_paris_04_fresh-island.jpg

Wie haben sich die Einzelhandelsflächen im LEH in Frankreich in den letzten Jahren entwickelt?

Franck Hadjez: Im LEH werden Online- und Offline-Einkäufe immer mehr miteinander kombiniert, und diese Vermischung wird sich fortsetzen. Ob der Online-Einkauf den physischen Einzelhandel weiterhin zunehmend beeinflussen wird, hängt vom Markt ab, in dem man tätig ist. Da Lebensmittelgeschäfte versuchen, näher an den Verbrauchern zu sein, liegt ein Hauptaugenmerk darauf, die Effizienz zu erhöhen und Reibungsverluste beim Einkaufen zu beseitigen. Darin integrierte Dienstleistungen wie ein Amazon-Schalter, Postdienste, eine Gepäckaufbewahrung für Airbnb-Gäste in der Umgebung usw. bieten einen zusätzlichen Mehrwert für die Geschäftsfläche. Während Lebensmittellieferdienste in den letzten Jahren den Wettbewerb verschärft haben, ändert sich die Situation nun, da große Handelsunternehmen wie Auchan, Casino, Carrefour beginnen, mit ihren eigenen Services die letzte Meile zu übernehmen.

Welche sind, Ihrer Meinung, nach die aktuell inspirierendsten Einzelhandelsflächen im Food-Bereich aus der ganzen Welt?

Franck Hadjez: In meiner Familie wurde immer gesagt, dass man reisen muss, um wirklich zu entdecken, worum es im Einzelhandel geht, und genau das haben wir getan. Besonders fasziniert haben mich die Retail-Flächen in den USA und im UK. In den USA gibt es zwei Unternehmen, die meiner Meinung nach hervorstechen. Erewhon in Kalifornien mit einer High-End-Positionierung für eine ausgewählte Zielgruppe und einem starken Fokus auf frische und biologische Lebensmittel. Trader Joe's ist eine weitere innovative Kette, die sich durch ihre Markenkultur und Kundentreue auszeichnet. Marks & Spencer (UK) und Grande Epicerie (Paris, Frankreich) auf einem High-End-Niveau und Waitrose (Vereinigtes Königreich) auf einem Premium-Niveau sind großartige Beispiele aus den europäischen Märkten sowie Spinneys im Nahen Osten.

int-spag_epic_paris_02_fruits-vegetables.jpg

Das von Schweitzer entworfene und gebaute Delikatessengeschäft EPIC in Paris ist ein gutes Beispiel für inspirierende Lebensmittelgeschäfte. Was sind einige Elemente, die dieses Konzept einzigartig machen?

Franck Hadjez: Bei der Entwicklung von EPIC, das von Galeries Gourmandes inspiriert ist, haben wir uns für eine Partnerschaft mit Monoprix, einem Marktführer in Frankreich, entschieden.

In Bezug auf das Design habe ich festgestellt, dass man in Supermärkten leicht die Orientierung verlieren kann. Deshalb ist kluges Visual Merchandising von zentraler Bedeutung, ein Bereich, auf den wir uns bei EPIC zusammen mit Interstore (Schwesterunternehmen von Schweitzer und Retail Design Agentur) besonders konzentriert haben.

Außerdem wollten wir ein durchdachtes Gleichgewicht zwischen den preiswerteren Eigenmarken und den Premiumprodukten schaffen. Die richtige Positionierung der Obst- und Gemüseabteilung war von grundlegender Bedeutung, da die Pariser traditionell dazu neigen, auf Märkten einzukaufen, die weniger teure, aber qualitativ hochwertige Produkte anbieten. Die Kombination aus attraktiven Preisen und qualitativ hochwertigen Produkten macht EPIC also einzigartig.

Die Frischeabteilungen sind ebenfalls unsere Stärke, zusammen mit speziellen Abteilungen für vegane Lebensmittel und Desserts. Auf der Grundlage von Marktforschung und Kundenfeedback haben wir ausgewählte Bereiche für schnelle Mittagessen, Snacks und Abendessen eingerichtet.

Welche Überlegungen sind bei der Umsetzung der Vision eines Handelspartners im Hinblick auf die Investitionsrentabilität anzustellen?

Bernhard Heiden: Es gibt drei Dinge zu bedenken: die Personalkosten, die Energiekosten und die Effizienz des Geschäfts. Die Entwicklung eines erlebnisorientierten Umfelds ist in der Regel mit hohen Personalkosten verbunden - von der Verwaltung der Theken bis hin zur Verkostung und mehr. Hier besteht ein großer Bedarf an Lösungen, die ein besseres Personalmanagement ermöglichen, was für uns ein Schwerpunktbereich ist. Energieeffizienz ist von zentraler Bedeutung, vor allem in einer Zeit, in der der LEH große Mengen an Kühlung benötigt. Die Herausforderung besteht also darin, energieeffiziente Lösungen anzubieten, die die Selbstbedienung fördern und gleichzeitig ein hohen Erlebnisfaktor bieten. Was die Effizienz des Ladens angeht, so ist es immer ein Balanceakt zwischen Erlebnis und Funktionalität, insbesondere im schnelllebigen Lebensmitteleinzelhandel. Daher denken wir intensiv über die Kundenströme im Laden nach, gekoppelt mit den Mitarbeiterströmen und der Frage, wie man ihnen einen einfachen Zugang zu den Lagerbereichen bieten kann. Gleichzeitig denken wir über architektonische Elemente nach, die den Verkaufsraum außergewöhnlich machen.

int-spag_epic_paris_01_facade.jpg

Wie integriert Schweitzer die Prinzipien der Nachhaltigkeit in die Designästhetik?

Bernhard Heiden: Es ist wichtig, gleich zu Beginn zu erwähnen, dass es bei der Nachhaltigkeit nicht darum geht, wie wir aussehen, sondern wie wir handeln. Wir versuchen, wo immer es möglich ist, nachhaltige Materialien zu verwenden - zum Beispiel energieeffiziente Beleuchtungssysteme -, aber es ist nicht notwendig, dass der Kunde oder der Konsument das merkt. Vielmehr geht es darum, unsere Kunden beim Bau ihrer Geschäfte so zu unterstützen, damit sie verantwortungsbewusst handeln und arbeiten können. Gleichzeitig geht es auch darum, den Händlern zu helfen, Erlebnisse zu schaffen, die den zunehmenden Wunsch der Kunden widerspiegeln, im Alltag die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Deshalb arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen, um ihnen nachhaltige Lösungen anzubieten, mit denen sie ihre Unternehmensziele im Rahmen ihres Budgets erreichen können. Von Empfehlungen von umweltverträglichen Lösungen für die Konsumenten bis hin zur Nutzung innovativer Methoden für den Transport von Ladenbaumaterialien zum Standort verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Was die von uns selbst hergestellten Kühlgeräte angeht, so verfügen wir über eine eigene Testanlage in Norditalien, die sicherstellt, dass wir die Effizienz unserer Kühlgeräte ständig verbessern und den weltweiten Standards entsprechen. Außerdem verwenden wir bahnbrechende, flexible Lösungen für Frischeabteilungen, die nachweislich den mit der Umgestaltung von Läden verbundenen Abfall langfristig reduzieren.

Wie verändert sich der Lebensmitteleinzelhandel im Zeitalter der Digitalisierung?

Franck Hadjez: Heutzutage ist es unverzichtbar, den Konsumenten ein nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. Wir befinden uns in einer datengesteuerten Ära, in der das Gebot der Stunde darin besteht, sich an die aktuellen Anforderungen anzupassen, um von den Vorteilen digitaler Dienste zu profitieren - Kassen, ERP-Warenwirtschaft usw. Auch die Konsumenten sollten von Lebensmittel-Lieferdiensten profitieren. Sie sollten die Möglichkeit haben, ihren Lebensmitteleinkauf online zu beginnen und offline zu erledigen und umgekehrt, indem sie ihre Kundenkarte nutzen. Alle gewonnenen Daten können dann anonymisiert in den Geschäften genutzt werden, um das Einkaufserlebnis zu verbessern.