
Im Gespräch mit Thomas Stäb & Waldemar Preis, tegut...
Herr Stäb, Sie sind Mitglied der Geschäftsleitung bei tegut... und schon seit über 27 Jahren im Unternehmen. Was motiviert Sie und welche Pläne haben Sie für die Zukunft von tegut...?
Dazu fällt mir eine Anekdote mit einem Klassenkameraden ein, den ich traf, als ich vor knapp 28 Jahren meine Ausbildung bei tegut... begann. Er war erstaunt, dass ich mich mit meiner Schulbildung für einen Werdegang im Lebensmittelhandel entschieden hatte. Für mich kennzeichnet sich der Handel durch seine enorme Vielschichtigkeit und die Möglichkeit, viele unterschiedliche Themen zu spielen. Klar, auch hier geht es darum, Gewinne zu erwirtschaften, aber für mich hat meine Tätigkeit sehr viel mit Eigenmotivation zu tun. Bei tegut... bekam ich die Chance, Innovation und Kreativität einzubringen, was sich in den Projekten tegut...teo und tegut... QUARTIER geäußert hat. Beides sind Projekte, die unter anderen, meine Handschrift tragen. Wir haben mit diesen Formaten bei der Bevölkerung für viel Sympathie gesorgt, das motiviert nochmal zusätzlich.
Im Einzelhandel gibt es wenige Berufsfelder, die so vielseitig und spannend sind wie dieses. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Herausforderung, das 24/7-Modell für unsere Öffnungszeiten umzusetzen. Zwar wurde die rechtliche Lösung zunächst abgelehnt, doch ein Jahr später durften wir die teos wieder öffnen – ein Prozess, der zeigt, wie dynamisch und anpassungsfähig der Handel ist. Zusätzlich geht es nicht nur um Öffnungszeiten, sondern auch um die USP von tegut... wie Kundenbindung, Vertrauen, Produktqualität sowie Bio und Nachhaltigkeit. Diese Aspekte lassen sich wunderbar miteinander verbinden und bieten zahlreiche Chancen. Besonders motivierend ist das Team – wie zum Beispiel Waldemar Preis, der zusammen mit Schweitzer in Weimar einen echten Mehrwert geschaffen hat. Solche Projekte erzeugen Begeisterung und stärken die intrinsische Motivation, immer weiter voranzukommen.
Aktuell leiden viele Handelsunternehmen unter akutem Personalmangel. Geht es Ihnen auch so und falls ja, wie begegnen Sie dieser Herausforderung?
Stäb: Der Personalmangel ist besonders in unseren Bedienabteilungen ein großes Problem. Die Stärke von tegut... sind u.a. die exzellenten Bedienabteilungen, die eine besondere Art der Kundeninteraktion ermöglichen. Doch die Suche nach Fachkräften gestaltet sich zunehmend schwierig, da immer weniger Bewerbungen eingehen. Dieser Mangel war absehbar, und daher testen wir neue Konzepte, um mit weniger Personal trotzdem Bedienware in SB anzubieten. Wir müssen uns diesen Herausforderungen stellen und Lösungen finden, wie wir auch mit reduzierter Personalressource weiterhin ein gutes Kundenerlebnis schaffen können.
Preis: Wir entwickeln fortlaufend Konzepte, die es unseren Kunden ermöglichen, die Frische, die sie sonst in bedienten Abteilungen erhalten, auch in Selbstbedienungskonzepten zu genießen. Mit unserem „Bedienung ohne Bedienung“-Ansatz haben wir bereits erste Märkte erfolgreich umgesetzt und möchten dieses Konzept auch in weiteren Märkten einführen. Dabei bieten wir eine Frischetheken-ähnliche Anmutung, bei der die Ware frisch für den Kunden abgepackt wird. So können Kunden weiterhin auf ein vollständiges Sortiment zugreifen, auch wenn das Personal reduziert ist. Es ist eine große Herausforderung, die viel Planung und Organisation erfordert, um sicherzustellen, dass alles zur richtigen Zeit und in der richtigen Form verfügbar ist.
Stäb: Der demografische Wandel ist eine Tatsache, die wir nicht ändern können, aber wir können uns an die veränderten Bedürfnisse der Kunden anpassen. Egal, ob in der klassischen Theke oder mit frisch verpackten Produkten aus der SB-Theke – wir müssen flexible Lösungen bieten, die den Wünschen unserer Kunden gerecht werden. Dieser Wandel erfordert Innovation und Anpassungsfähigkeit, um weiterhin ein erstklassiges Einkaufserlebnis zu ermöglichen.
Preis: Deutschland ist in Bezug auf moderne Selbstbedienungskonzepte noch nicht so weit wie andere Länder, wie zum Beispiel Irland, die bereits erfolgreich solche Modelle umgesetzt haben. Dort ist es gängige Praxis, dass die Frischetheke nur noch 1,20 m breit ist, statt der 12 m, wie sie in Deutschland üblich sind. Wir können von diesen Ländern lernen und bewährte Konzepte auf unseren Markt übertragen, um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden.
Herr Preis, bei unserem gemeinsamen Projekt in Weimar ging es darum, einen ehemaligen Schlachthof aus dem 19. Jahrhundert zu einem tegut...-Standort umzubauen. Warum fiel die Wahl des Standorts auf dieses Objekt und welche Herausforderungen mussten Sie bewältigen?
Preis: Das Projekt in diesem wunderschönen historischen Gebäude war eine große Herausforderung, aber auch eine Herzensangelegenheit. Nach ersten Gesprächen vor 10 Jahren und mehreren gescheiterten Versuchen erkannten schließlich die Verantwortlichen, dass hier eine wichtige Nahversorgungslücke durch den zusätzlichen Wohnbau geschlossen werden musste. Als ich zu tegut... kam, war es eines meiner ersten Projekte, und mir war sofort klar, dass unser übliches Konzept hier nicht funktionieren würde. Das Gebäude war eine 5-Zimmer-Wohnung, die wir in einen Markt umwandeln mussten. Mit Interstore entwickelten wir ein speziell auf das Gebäude abgestimmtes Konzept, das Wegeführung, Sortimentsgestaltung und Design vereinte.
Als nachhaltiges Unternehmen war es uns wichtig, das bestehende Gebäude zu erhalten. Die Umnutzung eines alten Gebäudes ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch CO2-sparend. Es gab viele Hürden, vor allem bei der Zusammenarbeit mit den Behörden und den Anrainern, aber durch zahlreiche Gespräche und Erklärungen konnten wir alle Schwierigkeiten überwinden.
Für die Frischeabteilungen haben Sie sich für steckerfertige Kühlmöbel und Theken aus der Schweitzer Produktion entschieden. Aus welchem Grund?
Preis: Bei diesem Projekt war es unser Ziel, das historische Erbe des Gebäudes mit modernen Aspekten zu vereinen. Wir kombinierten bestehende Elemente mit modernen Materialien und brachten diese in die Gestaltung ein. Besonders bei den Kühlmöbeln standen wir vor der Herausforderung, ein System zu finden, das sowohl den Anforderungen an Wartung als auch an Personalaufwand gerecht wird. Klassische CO2-Anlagen sind oft sehr wartungsintensiv und personalaufwendig, was aufgrund der sinkenden Zahl an Service-Dienstleistern problematisch ist. Daher entschieden wir uns, ein Testprojekt mit einer innovativen Kälteanlage von Schweitzer zu starten, um deren Lärmbelastung und Energieverbrauch zu prüfen. Diese Lösung schien für das Objekt am besten geeignet und passte hervorragend in unser Konzept.
Stäb: Nach drei Wochen ist es noch zu früh, um die Energiekosten abschließend zu bewerten, aber die Optik und das Design der Kälteanlage sind sehr positiv und passen hervorragend zum Gesamtbild des Marktes. Die Maschinen, die im Markt verbaut sind, entwickeln nur minimalen Lärm, was von den Kunden sehr wohlwollend wahrgenommen wird. Besonders hervorzuheben ist, dass es keine störenden Außen- oder Hintergrundbauten gibt: alles in allem ein sehr gutes Ergebnis.
Der tegut...-Standort in Weimar ist das dritte Projekt, das Sie in Partnerschaft mit Schweitzer umgesetzt haben. Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit? Schweitzers Schwesterfirma, die Retail Design Agentur Interstore, übernimmt in allen Projekten in enger Absprache mit unseren Kunden die kreative Führung. Haben Sie sich in den Designprozess eingebunden fühlt?
Preis: Schweitzer hat sehr flexibel auf behördliche Herausforderungen reagiert und hervorragend mit uns zusammengearbeitet. Die Projektleitung wurde bestens betreut, und die Zusammenarbeit mit Interstore, insbesondere mit Frau Zirwes, war zielführend und angenehm. Gemeinsam haben wir das Objekt so gestaltet, dass es perfekt zu unserem Konzept passte. Wir haben klar kommuniziert, was uns gefällt und was nicht, und es wurden stets gute Alternativvorschläge gemacht, die zu einem sehr erfolgreichen Ergebnis führten.
Entspricht die derzeitige Umsatzentwicklung Ihren Erwartungen?
Stäb: Nach drei Wochen ist eine langfristige Analyse noch zu früh, aber wir sind mit dem Start sehr zufrieden. Unser dritter Standort in Weimar zeigt deutlich, dass die Stadt und tegut... ein perfektes Match sind.